Ich hatte gerade ein Gespräch mit meiner Freundin CK. Wir hatten ein Gespräch zu etwas, was mir wirklich zu schaffen macht. Nämlich die Angst, die zu sein, die ich wirklich bin. Ich traue mich nicht die zu sein, die ich wirklich bin. Viel zu sehr habe ich mein Leben in den meisten Jahren auf die Erwartungen der Anderen ausgerichtet. Dabei weiß ich inzwischen, dass ich vielmehr kann und bin, als ich selber glaube. Aber ich habe so eine unglaubliche Angst davor, diese Person zu sein.

Vor zwei Jahren war ich auf einem Aufbauseminar von Sehnsucht und Hunger in Müden. Meine Freundin CK habe ich dort das erste Mal persönlich gesehen und das obwohl wir schon eine ganze Zeit als Buddy´s bei Sehnsucht und Hunger zusammen gearbeitet haben. Ich habe zwar vorher schon Fotos von ihr gesehen, aber sie live zu sehen, verschlug mir fast den Atem. Ihre Bewegungen waren so atemberaubend schön und umwerfend. An einem Abend wurde getanzt und als ich auch noch sah, wie sie tanzte, konnte ich nur noch weinen. Ich wusste im ersten Augenblick überhaupt nicht was mit mir los war. Dann begriff ich, dass sie sich so bewegt, wie ich mich innen drin in mir fühle. Sie geht so, nein sie schreitet mit einer Grazie, toll. Aber so wie sie geht, sich bewegt und tanzt, so fühle ich mich auch, aber wenn ich gehe, ist von meinem inneren Gefühl kein bisschen davon zu sehen. Je höher mein Gewicht wurde, umso mehr bekam ich einen trampelnden Schritt. Jetzt nachdem ich zwar sehr viel abgenommen habe, aber so massive Schmerzen in den Knien habe, trampel ich immer noch durch die Welt. Aber nie werde ich vergessen, wie es aussieht, wenn man so geht, wie man sich fühlt. Mit CK sprach ich damals auch darüber und sie sagte mir, dass sie genau erkennen könne, dass ich sehr beweglich sei. Ich sagte mir „trotz“ des Gewichts sei ich recht beweglich. Sie sagte mir, dass sie das so nicht gesagt hat und seid:dem hat sie es mir öfter gesagt, dass manch dünne Frau nicht so beweglich sei wie ich. Ich freute mich zwar, dass sie es mir gesagt hat, aber ich konnte dies nicht fühlen. Ich fühle mich so unbeweglich wie ein Sack Zement und zusätzlich dauernd unter Schmerzen.

Am Freitag war ich nun bei der Physiotherapie und ich fragte die Physiotherspeutin, ob durch das ganze Sitzen, Übergewicht und so meine hinteren Muskeln, Sehnen und etc. verkürt sein. Sie hob mein Bein an und sagte zu mir, dass ich unglaublich beweglich sei und sie bewegte meine Beine, um es mir zu beweisen. Sie sagte, dass sie selber überrascht wäre, aber bei mir gäbe es keine Muskel-/ Sehnenverkürzungen. Sie hätte mich kurz vorher schon dabei beobachtet, wie ich meine Schuhe auf Seite gestellt hätte und das ich mit gerade vorgebeugtem Oberkörper und durchgestreckten Beinen die Schuhe aufgehoben hätte und auf Seite gestellt habe und dies für mich keinerlei Anstrengung bedeutet hat. Dann fragte sie mich die tollste Frage. Sie fragte mich, ob ich früher Ballet getanzt hätte. Das sie mir diese Frage gestellt hat, war als hätte sie mich und mein Innerstes erkannt. Wie gerne habe ich früher getanzt und mich bewegt. Mir haben meine Eltern kein musikalisches Talent zugeschrieben, aber ich hatte es – immer. Ich habe es immer noch. Ich wusste lange nichts von Balletschulen, aber als ich als ganz junge Frau mitbekam, dass viele Mädchen als sportliche Betätigung zum Ballet gingen, war ich so neidisch. Bei meinen Sprachferien in England, lernte ich damals ein Mädchen kennen und sie tanzte und schwärmte so für Ballet. Den Sportunterricht habe ich gehasst, Seile hochklettern, Barren, Bockspringen, Ballspiele –  bei dem die Jungs die Bälle schossen, als ginge es darum jemanden zu verletzten…ehrlich  ich habs gehasst. Alleine das chwimmen, dass habe ich geliebt und Wasser war absolut mein Element und Skilaufen konnte ich auch recht gut. … und nun das…, da fragt mich meine Physiotherapeutin, ob ich Ballet getanzt hätte. So eine tolle Frage. Sie zeigte mir, dass noch etwas von mir übrig ist, von meinem wahren Selbst.

Es stimmt, dass kostet mich überhaupt keine Kraft mit durchgestreckten Beinen und geradem Oberkörper den Boden zu erreichen und  ja egal, was ich vom Boden aufhebe, ich kann mit geradem Körper und durchgestreckten Beinen alles aufheben und mit den Fingern immer den Boden berühren  und Gartenarbeit machen und das trotz des Gewichts. Seid dem frage ich mich, wer ich eigentlich wirklich bin und was hat man mir eigentlich verboten oder was habe ich mir verboten? Ich weiß noch, dass meine Klassenlehrerin mir schon mit 6 Jahren schon gesagt hat, dass ich meine Hüften nicht beim Gehen bewegen darf. Ich verstand damals überhaupt nicht was sie von mir wollte und was ich falsch gemacht habe. Meine Eltern sagte mir auch immer wieder, wie ich zu gehen hätte. …und gerade kommt mir noch ein Gedanke. Ich bin ein Missbrauchsopfer. So öffentlich wie jetzt habe ich noch nie darüber geschrieben, aber vielleicht hat es mich auch dazu gezwungen, mich in allem was ich bin zu verleugnen. Es hat auf jeden Fall meine Weiblichkeit, mein Sein massiv stark eingeschränkt und beeinflusst.

Es gab  immer ein Gefühl in mir, den Körper bloss nie mit ins Leben einzubeziehen. Bei dem sexuellen Missbrauch an den ich mich erinnern kann, war ich etwa 8 oder 9 Jahre alt. Ich weiß noch, als die Brüste begannen zu wachsen, habe ich es gehasst und hätte sie am liebsten so stark bandagiert und abgeschnürt. Jahre später habe ich Frauen beobachtet und konnte die Dramen, wenn die Brüste wegen Krebs amputiert wurden, lang nicht verstehen. Mein Güte dachte ich, dann sind sie halt weg. Ich fragte oft Frauen, was macht Weiblichkeit aus. Viele sagte mir die Brüste, Nagellack, Schminke, Kleider. Ich kenne meine weibliche Seite so gut wie überhaupt nicht. Aber alleine die Frage meiner Physiotherapeutin ob ich Ballet gemacht hätte, lässt mich weiblich fühlen. Spätesten seid der Verkörperung meiner Traumfigur bei dem Lebensmythosseminar vergangenes Jahr, zeigt mir wie tänzerisch ich sein kann und meine Traumfigur hat mir gesagt, dass ich diese Verkörperung öfter machen soll, um meine innere Bewegung Wirklichkeit werden zu lassen und frei werden zu können.

Fortsetzung folgt…

 

Werbung